My first book
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Parents always say there's nothing they love more than something handmade.
Of course, that's a lie.
Nobody in their right mind would take a scribbled goat on butcher paper — a creature that resembles a mutated space beast more than a farm animal, but is somehow meant to be a goat and has to be framed in the living room — over a perfectly chilled bottle of Louis Latour Montrachet Grand Cru, served at exactly 13 degrees.
Honestly, even a halfway stylish pair of socks would probably rank higher.
But they're not allowed to say that, these Oscar-worthy parents with their radiant faces of joy. Not even when you're no longer a pimple-ridden twelve-year-old in the basement, listening to strange music and dreaming of winning the French Open. (Never wanted to win Wimbledon. At least that aim came true.)
Being a parent isn’t always easy, I say recklessly.
I weaponized that knowledge at a particularly joyless financial point in my life.
(Kids, take it from Andy Roddick: never, ever become a tennis umpire.)
So instead of buying actual Christmas presents, I handed out a clipped-together stack of paper to my entire crooked family. A bundle of nonsense.
They all pretended to be thrilled. I regret that now, truly.
But something occurred to me only much later. That Christmas gift —
was my first book.
According to the dictionary, a book is a bound printed work of considerable size. Mine was larger than A5, which makes it practically enormous. And clipped is just the anarchist cousin of bound. So yes: a book. Without question.
I haven’t found a publisher yet, but I'm open to offers. Next to me laughs a laugh bag. One of the 120 million sold worldwide. The man whose laugh was recorded for those bags sold it for 1,000 Deutschmarks. He was a radio editor at Bavarian Broadcasting. Wouldn’t surprise me if he also worked on the TV series Timm Thaler, in which a boy sells his laughter to the devil – though at least he negotiated for a bit more than 1,000 Deutschmarks.
The laugh bag inventor became one of those people who pay far too little tax. Later in life, he married a woman 46 years younger. Apparently, near the end, he tried to find her a new husband. I’ll just leave that there. No idea how that turned out.
What I did Google, however: We also owe him those artificial parrots that used to squawk in the branches of the rotisserie chicken chain Wienerwald, croaking, “Don’t cook today – let’s eat at Wienerwald!” (In German this turns to a rhyme, but it doesn’t make it much better).
With that knowledge, I leave you to it (just scroll down to the German version, the file was too big to post it twice). Enjoy this tour of my first masterpiece (Say it often enough and eventually people believe it – a stylistic device that's currently trending, as you may have noticed.)
Things that make me happy:
My favourite person and I are sitting on the ICE, eyes fixed on the little screen showing travel updates. On the left: scheduled arrival time. On the right: the actual one. A one-hour delay means a 25% refund.
In Wolfsburg, we were still at 31 minutes. In Spandau: a hopeless 51. But now, the ICE is stuck somewhere in Charlottenburg — and we’re at 54.
The train crawls forward.
58.
The woman next to us is staring, too.
59.
And suddenly: the roof of Berlin Hauptbahnhof appears above us. It’s down to seconds.
Then the train stops — and up on the screen, the delay ticks to a full 60.
The woman beside us snaps a satisfied photo. With the 50% refund from the outbound trip, this whole Deutsche Bahn adventure has turned out almost affordable.
A good day.
Things that don’t make me happy:
Schlager music. Raisins. People who clap for dictators. Though, to be fair, I’d eat raisins while listening to Schlager if it meant the dictator-clappers came to their senses.
Deutsche Fassung / German version
Mein erstes Buch
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Eltern behaupten ja immer, dass sie sich über nichts mehr freuen als über Selbstgemachtes. Selbstverständlich ist das gelogen. Das auf Fresspapier geschluderte Bild einer Ziege, die aussieht wie ein mutiertes Weltraummonster, aber wie eine Ziege aussehen und unbedingt an der Wohnzimmerwand hängen soll, schlägt nicht die auf 13 Grad gekühlte Flasche Louis Latour Montrachet Grand Cru AOP.
Wahrscheinlich stünde sogar ein halbwegs mit Eleganz gesegnetes Paar Socken höher im Kurs. Aber sie dürfen einem das ja nicht sagen, die große Freude schauspielernden Eltern, noch nicht einmal dann, wenn man kein von Pickeln angefressener Zwölfjähriger mehr ist, der im Keller seltsame Musik hört und von French-Open-Siegen träumt (Wimbledon wollte ich nie gewinnen, immerhin dieses Ziel habe ich erreicht.)
Eltern sein ist nicht immer einfach, behaupte ich kühn.
Ich habe mir dieses Wissen zu einem finanziell mal wieder äußerst freudlosen Zeitpunkt in meinem Leben (Kinder, hört auf Andy Roddick und werdet auf gar keinen Fall Tennisschiedsrichter:in) zunutze gemacht und statt eines ordentlichen Weihnachtsgeschenks der ganzen buckligen Verwandtschaft einen zusammengeklemmten Papierstapel untergejubelt, auf dem ausschließlich Unsinn verhandelt wurde. Alle haben so getan, als würden sie sich freuen. Heute tut mir das natürlich sehr leid.









Erst im Nachhinein ist mir etwas ganz anderes klar geworden. Dieses Weihnachtsgeschenk war – mein erstes Buch. Laut Duden ist ein Buch ein größeres gebundenes Druckwerk. Es war größer als DIN-A5 und damit fast schon riesig und geklemmt ist ja nichts anderes als gebunden. Ein Buch, ohne jede Frage. Einen Verlag habe ich dafür noch nicht gesucht, bin aber für Angebote offen. Neben mir lacht ein Lachsack. Einer von den 120 Millionen, die weltweit verkauft wurden. Der Mann, dessen Lachen auf diesen Dingern zu hören ist, hat dieses Lachen für 1.000 DM verkauft. Er war Redakteur beim bayrischen Rundfunk und ich wäre nicht überrascht, wenn er bei der Produktion der Fernsehserie Timm Thaler sein Hände im Spiel hatte, bei der ein Junge sein Lachen an den Teufel verkaufte. Allerdings clevererweise für etwas mehr als 1.000 DM.









Der Erfinder des Lachsacks ist einer von denen geworden, die viel zu wenig Steuern zahlen und hat irgendwann eine Dame geheiratet, die 46 Jahre jünger als er war und für die er offenbar gegen Ende seines Lebens einen neuen Mann organisieren wollte. Ich lass das mal so stehen. Ich weiß auch nicht, was daraus geworden ist. Ergoogelt habe ich mir aber, dass unserem Millionär darüber hinaus die künstlichen Papageien zu verdanken sind, die früher offenbar in den Filialen der Hühnerbratkette Wienerwald „Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald“ krächzten. Mit diesem Wissen lasse ich euch nun alleine und wünsche viel Spaß bei der Besichtigung meines ersten Meisterwerks (wer es oft genug behauptet, dem wird irgendwann geglaubt, dieses Stilmittel lässt sich in der heutigen Zeit ja als Trend beobachten).






Dinge, die mich glücklich machen:
Die Lieblingsdame und ich sitzen im ICE und starren auf den Reisebildschirm. Links steht die ursprüngliche Ankunftszeit, rechts, die tatsächliche. Eine Stunde Verspätung bedeutet 25 % Erstattung.
In Wolfsburg waren wir noch bei 31 Minuten, in Spandau bei immer noch aussichtslosen 51. Jetzt aber steht der ICE irgendwo in Charlottenburg und wir sind bei 54.
Wir rollen langsam weiter.
58.
Die Frau neben uns starrt mit.
59.
Über uns auf einmal das Hauptbahnhofdach, es geht um Sekunden. Dann steht der Zug und – oben ist die Stunde tatsächlich voll. Unsere Nebensitzerin knipst zufrieden ein Foto. Mit den 50 % Erstattung von der Hinfahrt ist die Reise mit der deutschen Bahn am Ende doch bezahlbar geblieben. Ein guter Tag.
Dinge, die mich nicht glücklich machen:
Schlagermusik, Rosinen und Diktatorenclaqueure. Ich würde aber bei Schlagermusik Rosinen essen, wenn dadurch alle Diktatorenclaqueure zur Vernunft zurückkehren würden.




