Monkey never cramp
A mythic interview, the reason extraterrestrials keep their distance, and what we should truly demand from literature

Deutsche Version weiter unten/German version below
The sky is a vacuum and we live on a dirt-clod sealed in static. Not tragic, though, because what goes mute above erupts below. One glance at Gleimstraße and you get the full brass section: honking, cursing, side mirrors dangling like knocked-out teeth. You dog, you pig, you ape. Every zoological category dragged through the gutter in fast rotation.
We inhabit a place built for elbows on windowsills.
The cosmic silence might simply be shyness. All those star-swimmers, dimension-shifters, orbital neighbours terrified to show up because the first thing they’d hear is a Berliner bellow. So they mow crop circles for polite distance, zap government officials with memory erasers when a saucer crashes by mistake, abduct a pair of us now and then to check if the species still offers salvage value.
Though there are gentler approaches. This week I watched the supposedly legendary interview with the Japanese pro-ballplayer Munenori Kawasaki and fell flat in love. Not only with that name—already reason enough for interstellar arrival—but with the face that executes every emotion in the register and the total work of art that is the man himself.
Kawasaki possesses what almost no one else on earth can muster, aside from the late Mirko Nontschew. They don’t lift our mood, they vaporize it. A flick of eyebrow, a grin that conspires with you, a handful of gloriously idiotic remarks—done. It’s true what they say about a rodent chewing grass: gloom becomes impossible. With Kawasaki and Nontschew, same principle. They arrive pre-loaded with content. Fueled by some inexplicable cosmic battery, they swallow the shadows off our ribs.
Here, at last, the transcript.
Reporter: What happened?
Kawasaki: Just cramp.
Reporter: Cramp?
Kawasaki: Just cramp.
Reporter: What can you eat to make you feel better?
Kawasaki: Bananas.
Reporter: Why bananas?
Kawasaki: Monkey never cramp. Because monkey every day banana.
Et cetera, amen.
One need not always read Camus. Especially not now, in the six-month stretch of ice and blackout, while the winter-exposed fight over spruces, Labubus and seats on flights to Aruba.
Kurt Prödel once tweeted that if snow-shovelling were year-round, humanity would be calmer. I disagree. For tenderness, we need sun glare, cloudlessness and that particular shimmer of Florida water from the early Dexter seasons. Yes, this is morally fraught because that same humid halo did not prevent Dexter himself from slicing, nor the current occupant of the Oval Office from {fill in according to your capacity}, nor the Gulf-Coast retirees from pinching habaneros from one another’s gardens or waging swamp-level election battles for the Sudoku-club throne.
Doesn’t matter. Whoever has sun but doesn’t need it: send it to Berlin. Here it cools the pavements and stretches the interval between two insults. Enough. Be kind, be odd, and choose the colour pale blue when you can. Until next Friday, you unruly wonders.
Things that make me glad
One line by Carla Caspari, novelist and Twitter enchantress, that says how it is:
“All I want from literature is a few killer sentences and the feeling of not being alone.”
Nothing further required.
Things that do not
I built an advent calendar for my favourite person and it contains surprising cavities disguised with Behind this note lies a mystery Post-its. These gaps have nothing to do with a brave concept of emptiness and only half with intention; some breaking news items will be inserted. One mystery is stuck at customs, another travels slower than a glacier, one shop stays closed while smiling that it’s open. Tales from the supply-chain crypt. Thankfully, her response was wide-eyed blink-blink joy anyway.
P.S. This morning someone very close to me remarked that an eternal advent calendar would be brilliant. Possibly a business model. Year-round personal filling, logistics included. In a future saturated with algorithmic agents, maybe that’s the one remaining vocation. A happy fifth of December to all.
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Deutsche Version/German version
Monkey never cramp
Ein legendäres Interview, der Grund, warum wir keine Außerirdischen zu Gesicht bekommen und was wir von Literatur wollen sollten

Der Himmel ist leer und wir leben auf einem von Schweigen umschlossenen Stück Schmutz. Was aber nicht schlimm ist, weil hier unten dafür umso mehr gesprochen, gerufen, geschrien und auch sonst recht viel Lärm gemacht wird. Dafür braucht es nur einen Blick runter auf die Gleimstraße. Überall Empörte, über die sich empört wird. Hupen, Verwünschungen, abgerissene Spiegel. Du Hund, du Eber, du ungeduschtes Seifenwiesel. Das gesamte Tierreich wird dort durchbeleidigt.
Wir leben definitiv an einem Kissen-aufs-Fensterbrett-Ort.
Das Schweigen im All könnte also ein betretenes sein. Lauter Spacegalaktorinnen, Sechsdimensionswesen und andere Weltraumbewohnenden trauen sich nicht, sich uns zu zeigen, weil sie sofort erst einmal angeschnauzt würden. Also schneiden sie ab und zu ein paar Kornkreise in unsere Felder, blitzdingsen Regierungsvertreterinnen, wenn aus Versehen eines ihrer Weltraumgefährte abstürzt oder entführen zwei, drei von uns, um zu sehen, ob da doch was zu retten ist.
Dabei geht das doch auch ganz anders. Ich habe diese Woche zum Beispiel ein als legendär eingestuftes Interview mit dem japanischen Profibaseballer Munenori Kawasaki gesehen und bin sofort hin und weg. Nicht nur angesichts dieses wohlklingenden Namens, der allein schon einen Besuch aus dem Weltraum rechtfertigen würde. Sondern wegen dieses Gesichts, das alles kann und seiner mit lauter Pluszeichen aufgeladenen Gesamtkunstwerkhaftigkeit.
Denn Kawasaki kann, was außer ihm und beispielsweise dem leider schon verblichenen Mirko Nontschew kaum einem gelingt. Sie haben die Fähigkeit, uns Menschenkinder durch bloße Präsenz aus der schlechten Laune rausholen. Ein bisschen Augenbraue hier, ein bisschen Komplizengrinsen da, dazu ein paar hinreißend blödsinnige Kommentare, das reicht schon. Es heißt völlig zurecht, beim Beobachten eines Grashalm kauenden Nagetiers sei schlechte Laune unmöglich. Bei Kawasaki und Nonteschew ist/war es dasselbe. Sie wirken schon ohne Inhalt. Angetrieben von einer nur schwer erklärbaren, kosmischen Energie fressen sie uns das Dunkel aus der Seele.
Hier jetzt endlich eine Abschrift des erwähnten Kawasaki-Interviews.
Reporter: What happened?
Kawasaki: Just cramp.
Reporter: Cramp?
Kawasaki: Just cramp.
Reporter: What can you eat to make you feel better?
Kawasaki: Bananas.
Reporter: Why bananas?
Kawasaki: Monkey never cramp. Because monkey every day banana.
Und so weiter.
Es muss nicht immer Camus sein. Schon gar nicht jetzt, wo es wieder sechs Monate eiskalt und stockdunkel ist und sich, diejenigen, die sich dem Unwirtlichen preisgeben ins Hauen, Heulen und Stechen um Tannenbäume, Labubus (habe ich das richtig geschrieben, ist das schon wieder ein Relikt der Vergangenheit? Fragen über Fragen) und Flugtickets in die Karibik werfen.
Könnte man das ganze Jahr Schneeschippen, wäre die Menschheit entspannter, twitterte mal Kurt Prödel. Ich widerspreche. Wir brauchen für mehr Sanftmut auf der Welt genau das Licht, die Wolkenlosigkeit und den Glanz von gemütlich plätscherndem Gewässer, wie wir sie aus der wunderbaren Serie Dexter kennen. Mir ist bewusst, dass diese Aussage einigermaßen fragwürdig ist, weil diese ganz bestimmte Florida-Luft den Hauptdarsteller der Serie nicht vom Morden, den amtierenden US-Präsidenten nicht vom {zu viel, bitte selbst ausfüllen} und die dort überall herummarodierenden Senior:innen nicht davon abhält, sich gegenseitig den Spanischen Pfeffer aus den Gärten zu klauen oder in blutigen Wahlkämpfen um den Vorsitz im Sudoku-Verein zu kämpfen.
Egal. Wer Sonne hat und nicht möchte, schicke sie bitte nach Berlin. Hier schafft sie den paradoxen Effekt, die Temperatur auf den Straßen herunterzukühlen und die Zeitabstände zwischen zwei Beleidigungen oder Wutausbrüchen deutlich zu vergrößern. Jetzt ist Schluss. Seid lieb, ungewöhnlich und der Farbe Hellblau zugeneigt. Bis nächsten Freitag ihr Lausekinder.
Dinge, die mich glücklich machen
Folgender Satz der Schriftstellerin und Twitterpoetin Carla Caspari, der alles sagt, was es zu sagen gibt:
„Ich will von Literatur eigentlich nur ein paar geile Sätze und das Gefühl, nicht alleine zu sein.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Dinge, die mich nicht glücklich machen
Ich habe der Lieblingsdame einen Adventskalender gebastelt, in dem erstaunlich viele Lücken mit einem provisorischen Hinter-diesem-Zettel-verbirgt-sich-ein-Mysterium-Post-it lauern. Diese Lücken haben nichts mit Mut zu denselben zu tun und sind nur zum Teil Absicht, weil da was Tagesaktuelles rein muss. Das eine Mysterium hängt im Zoll fest, das andere lässt sich unendlich Zeit, ein Laden ist immer zu, obwohl er offen ist. Tales of a Lieferketten-Life. Zum Glück wurde mein Bemühen trotzdem mit großen blinkenden Jippieh-Augen belohnt.
PS: Ich wurde heute morgen von einer mir sehr nahestehenden Person darauf hingewiesen, was für eine gute Idee doch eigentlich ein ewiger Adventskalender wäre. Vielleicht ist das eine Marktlücke. Befüllung personalisierter, ewiger Adventskalender inklusive Logistik. 365 Tage die Woche Arbeit. In KI-verseuchten Zeiten vielleicht der Weg in die Zukunft. Happy fünfter Dezember allerseits.



