Encounters
The possibility of a summer evening
Early evening. A woman in a white summer dress with a sharp shark collar stands at the center of a small intersection. Around her, just cobblestones and that dreamy, slightly surreal Prenzlauer Berg cotton-candy calm that feels especially off-kilter these days.
She’s caught in a triangle of light—the last sliver left over from the day.
Eyes closed. Face tilted toward the sun. Radiating Big Lebowski Dude-level chill.
A beautiful sight.
Far from the thrum and roar of the now.
I bite into a big slice of pizza from our patrone around the corner and forget about the gluten intolerance the same way she forgets the rest of the world.
A few lanky teenage boys with tentative mustaches are sitting under a cherry tree, passing around a forbidden bottle of Heineken and laughing. Not at her. They don’t even notice her.
A few steps further down, people are queuing—calmly, patiently—at the slowest ice cream parlor in the known universe. But it’s worth it. Their hazelnut sorbet tastes like angels might sing.
In Berlin, only fallen archangels ever sing.
But here, on this street corner, everything’s different.
At the window, the elderly woman who always smiles and asks about the construction progress walks by, slightly hunched, tiptoeing as if not to disturb the day. She’s holding an empty bottle of rosé and, as always, dressed like she’s headed to a date. Maybe she is.
Then the bottle collector appears, who always asks what’s being built here. And we tell him, smiling, knowing he’ll ask again tomorrow.
In the park, people are playing tennis, jogging, smoking, drinking, barbecuing.
Outside the window, a former bassist-turned-podcaster hunches over his phone call.
On the other side of the street, a young man in a wide, white shirt that looks like he’s wearing nothing underneath floats toward some kind of uncertain bliss.
Maybe he really is wearing nothing underneath.
Back where I’m from, people would already be whispering about that behind hedges and fences.
Here, people just smile and root for him.
I feel a massive hunger for life. For summer and laughter and ice cream.
And for the hope that all the fury out there might just evaporate.
Dissolve. Drift away.
The woman is still standing at the intersection.
A cyclist sees her, stops, rolls over, and joins her.
They don’t seem to know each other, but now they’re standing there together, talking softly, eyes closed.
And I think about how things can coexist. How hard it is to bear what’s happening elsewhere at the exact same time.
Until next Friday, dear fellow travellers through this strange century.
Enjoy the gentle passing of time.
Things that make me happy:
Hazelnut sorbet.
Things that don’t:
The “W” key on my MacBook is jammed.
If you spot any missing Ws, now you know why.
Deutsche Fassung/German version:
Begegnungen
Die Möglichkeit eines Sommerabends
Es ist früher Abend. Eine Frau in einem weißen Haifischkragensommerkleid steht mitten auf einer kleinen Kreuzung. Um sie herum nur Kopfsteinpflaster und diese gerade in diesen Zeiten immer leicht irreale Prenzlauer-Berg-Watteblasen-Idylle. Sie steht dort in einem Lichtdreieck, dem letzten vom Tag übrig Gebliebenen.
Geschlossene Augen, Sonne im Gesicht, Big-Lebowsky-Dude-hafte Tiefenentspanntheit.
Ein schöner Anblick. Weit weg vom Brausen und Pochen der Gegenwart. Ich beiße in eine großes Stück Pizza vom Patrone um die Ecke und blende die Glutenunverträglichkeit aus wie die Frau den Rest der Welt.
Ein paar hochaufgeschossene Junioren mit Oberlippenflaum sitzen unter einem Kirschbaum, lassen eine verbotene Flasche Heineken kreisen und lachen. Nicht über die Frau. Die nehmen sie gar nicht wahr.
Ein paar Meter weiter warten die Menschen geduldig in der Schlange der langsamsten Eisdiele der Welt. Das Warten lohnt sich. Es gibt dort ein Haselnuss-Sorbet, bei dessen Genuss einem ist, als würden die Englein singen. In Berlin singen eigentlich nur gefallene Erzengel. Aber hier, an dieser Straßenecke, ist sowieso alles anders.
Am Fenster trippelt leicht vornübergebeugt die ältere Dame vorüber, die immer so freundlich grüßt und nach dem Fortgang der Bauarbeiten fragt. Sie hält eine leere Flasche Rosé in der Hand und ist, auch wie immer, so gekleidet, als habe sie gleich ein Date. Vielleicht hat sie eines.
Dann tritt der Flaschensammler auf, der jedes Mal fragt, was denn hier gebaut wird und wir erzählen es ihm lächelnd, im Wissen, dass er morgen wieder fragen wird. Drüben im Park spielen sie Tennis, joggen, rauchen, trinken, grillen. Vor dem Fenster telefoniert, mit gebeugtem Rücken, ein bekannter Ex-Bassist und Podcaster. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite schwebt der junge Mann mit dem weiten weißen Hemd, das so aussieht, als habe er drunter nichts an, einem ungewissen Glück zu. Er bewegt sich, als wolle er den Boden nicht belästigen. Vielleicht hat er wirklich nichts drunter an. In meiner Heimat würde das jetzt hinter den Gartenzäunen besprochen werden. Hier freut man sich einfach nur mit ihm.
Ich spüre immens große Lust aufs Leben. Auf Sommer und Lachen und Eis und darauf, dass die Wut da draußen einfach so verdampft, verpufft, verfliegt.
Die Frau auf der Kreuzung steht dort immer noch. Ein Radfahrer sieht sie, hält an, rollt zu ihr, stellt sich neben sie. Sie scheinen sich nicht zu kennen, aber jetzt stehen sie da zu zweit, unterhalten sich ein wenig mit geschlossenen Augen und ich denke über die Parallelität der Dinge nach und wie schwer es auszuhalten ist, was im selben Moment an anderen Orten geschieht.
Bis nächsten Freitag, verehrte mit mir dieses Jahrhundert Teilende. Genießt das Verstreichen der Zeit.
Dinge, die mich glücklich machen:
Haselnuss-Sorbet.
Dinge, die mich nicht glücklich machen:
Die W-Taste an meinem MacBook klemmt. Fehlen Ws in diesem Text, wisst ihr jetzt, warum.



