Break
Of Alpine peak-bagging fantasies, liquor faces and Don DeLillo.
I just sat down on a chair and looked at the sea until the sun bit into my toes. No phone, no MacBook, no tax-law-deadline-shopping-house-management-where-are-the-winter-socks crackle. Just the horizon, the big yellow thing and one long exhale.
Yesterday there was even a Piña Colada involved.
I like drinks that taste like dessert, even if my favorite tennis colleague Ion Coman — sadly no longer rocking around this planet — once called me a philistine for it. He told me endless things about soil, herbs, and whatever else was supposed to turn his bourbon into an event. For me it offered only the liquor face: grotesquely twisted angles, heavy body-suffering, zero-point-zero joy.
Forgive me, Ion.
So here we are, over all the mountains. The Alps behind us, long awestruck looks at the snowy peaks (with a brief thought of taking up mountaineering, but Everest queues and the corpses frozen to K2 quickly turned that plan into a non-plan). Now the waves are lapping, somewhere a dog barks, a wasp saws off a big piece of jamón we gladly share with her, and all the pounding and buzzing of the present can go pound and buzz elsewhere for a while.
The screen stays dark. Our new window shows a constantly changing Rothko panorama. Occasionally some bird people flutter through. Better than The Walking Dead, better than Synecdoche, New York. No need to even start with comment sections, business emails, or Norwegian princes eager to share their inheritance.
On the table: Herta Müller and Don DeLillo — two of their books, though the two of them could of course also be lying here in person any time. Few people on this planet whose work I revere more. The heavy, dark Herta with her hyper-poetic minimal prose, and the wildly poetic, endlessly sprawling great old super-intellectual who never falls out of time. Both are pure fuel for my anticipation engine.
What a loss for everyone who thinks reading is some nasty trick the horned one played on us. And now:
Feet up.
Oh and a poll for the citizens of the world among you: where’s the best escape from Berlin winter? Asking for a friend, ahem.
Things that make me happy
At the airport a little boy tugged my sleeve and handed me a two-euro coin, blinking gold in the neon light. “You dropped this.” I bowed deeply in thanks, and in the morning fog swirling around my head forgot to give the polite little human the coin back for his piggy bank. Either way: so much for the youth of today.
Things that don’t make me happy
The very idea of enmity. But since I’m on vacation, I’ll just leave it at that — without the hundred-million-page essay the subject would deserve.
Deutsche Fassung/German Version
Ferien
Von Alpengipfelerstürmungsgedanken, Schnapsgesichtern und Don de Lillo.
Ich habe mich gerade auf einen Stuhl gesetzt und solange aufs Meer geschaut, bis mir die Sonne in die Zehen gebissen hat. Kein Telefon, kein Macbook, kein Steuerberater-Job-Deadline-Wir-müssen-noch-einkaufen-und-die Hausverwaltung-anrufen-Wo-sind-die-Wintersocken-Geknister. Einfach nur die Weite, das große gelbe Ding und ein langes tiefes Ausatmen.
Gestern war sogar eine Piña Colada im Spiel.
Ich mag Drinks, die wie Nachtisch schmecken, auch wenn mich deswegen mein leider nicht mehr auf diesem Planeten herumschaukelnder Lieblingstenniskollege Ion Coman einen Banausen genannt hat. Er hat mir viel über Erde, Kräuter und alles andere erzählt, was seinen Bourbon zu einem Ereignis gemacht haben soll. Bei mir nur das Schnapsgesicht. Grotesk verzogene Winkel, großes Körperleiden, nullkommagarkein Genuss.
Bitte entschuldige Ion.
Wir sind also über alle Berge. Die Alpen haben wir hinter uns gelassen und lange staunende Blicke auf die schneebedeckten Gipfel geworfen (und kurz darüber nachgedacht, dem Bergsteigen zu verfallen, aber die Everest-Warteschlange und die ganzen an den K2 gefrorenen Leichen haben aus dem Plan aber dann doch wieder einen Nichtplan gemacht). Jetzt plätschern da unten die Wellen, in der Ferne bellt ein Hund, eine Wespe sägt sich ein großes Stück aus dem Jamon, den wir gerne mit ihr teilen und das ganze Pochen und Brausen der Gegenwart soll für einen Moment anderswo pochen und brausen.
Der Bildschirm bleibt aus. Wir haben jetzt ein Fenster, das ein sich ständig veränderndes Rothko-Panorama zur Aufführung bringt. Ab und zu flattern ein paar Vogelsleute durchs Bild. Das ist wirklich noch besser als The Walking Dead oder Synechdoche New York. Von Kommentarspalten, Business-E-Mails und norwegischen Prinzen, die ihre Erbschaft mit uns teilen wollen, brauchen wir erst gar nicht anzufangen.
Auf dem Tisch liegen Herta Müller und Don de Lillo, beziehungsweise zwei ihrer Werke, auch wenn diese beiden bei uns natürlich auch jederzeit in Person auf dem Tisch herumliegen dürften. Es gibt kaum einen Menschen auf diesem Planeten, dessen Werk ich mehr verehre als das der beiden. Die schwere, dunkle Herta mit ihrer überpoetischen Minimalprosa und der wildpoetische in alle Richtungen ausufernde große alte Superintellektuelle, der niemals aus der Zeit fällt sind Treibstoff für meinen Vorfreudeautomaten.
Was für ein Verlust für alle, die Bücherlesen für eine uns vom Gehörnten untergejubelte Unsitte halten. Und jetzt:
Füße hoch.
Umfrage für die Weltbürgerschaft unter euch: Wohin flüchtet es sich am besten vor dem Berliner Winter? Wir fragen für eine Freundin, hüstel.
Dinge, die mich glücklich machen
Im Flughafengebäude hat mich ein kleiner Junge am Ärmel gezupft und mir ein im Neonlicht goldblinkendes Zweieurostück überreicht. “Das hast du verloren.” Ich habe mich mit tiefer Verbeugung bei ihm bedankt und im Morgennebel, der um meinen Kopf kreiste, leider völlig vergessen, dem höflichen Minimenschen die Münze für den Sparstrumpf zu überlassen. So oder so: Von wegen die Jugend von heute.
Dinge, die mich nicht glücklich machen
Das Konzept “Feindschaft”. Aber ich bin ja in den Ferien und lasse das jetzt einfach so stehen, ohne den 100 Millionen Seiten umfassenden Aufsatz anzukleben, den dieses Thema erfordern würde.




